Von Norden auf den Herzogstand

Bergwanderung
Bayerische Voralpen
1250 Hm
Schlehdorfer Kreuz
1666 m
Herzogstand
1731 m

Avas Krippe macht Sommerpause. Nina muss heute arbeiten. Ava hat sich ausdrücklich gewünscht, mal wieder einen Ausflug mit der Kraxe zu machen. Da lasse ich mich natürlich nicht zweimal bitten. Um die Anfahrt kurz zu halten, wählen wir den Herzogstand und dort den mir bisher unbekannten Anstieg von Norden über den Rauteckkopf zum Schlehdorfer Kreuz mit anschließendem Abstieg über den Reitweg und den Pionierweg.

Wir starten am Wanderparkplatz in Raut. Die ersten Kilometer auf einer Forststraße sind nicht sonderlich spannend, auch wenn der lichte Wald ganz hübsch ist. Ava fragt, wann der Berg endlich kommt. Ein kurzes Stückchen läuft sie selbst. Erst mit dem Pionierweg beginnt ein Steig nach unserer Vorstellung.

Kurz nachdem wir den Pionierweg verlassen haben, schläft Ava ein paar Minuten nach 11:00 Uhr ein. Ich versuche, nun einen möglichst großen Teil des Anstiegs zu absolvieren, um nicht später ihre Geduld überstrapazieren zu müssen. Allerdings ist das heute ziemlich anstrengend. Mit allem Proviant wiegt die Kraxe wohl an die zwanzig Kilogramm. Es ist ein sehr heißer Tag. Oberhalb der Rauteckalm ist das Gelände teilweise brutal steil, besonders in der ersten größeren Lichtung, wo ich den Weg kurz verliere.

Eine Zeit lang hoffe ich, es während Avas Mittagsschlaf bis zum Herzogstand oder wenigstens bis zum Schlehdorfer Kreuz zu schaffen. Doch als ich um kurz nach 12:00 Uhr oberhalb des Rauteckkopfs erneut die Spuren verliere und mich im steilen Wald rechts des Grats durch das Gestrüpp schlage, wacht Ava auf. Zum Glück ist der Weg einigermaßen schnell wieder gefunden; er verläuft direkt an der Gratschneide oder leicht links davon.

Ich bin jetzt so platt wie lange nicht mehr. Jeder Höhenmeter ist eine Herausforderung und alle paar Minuten muss ich kurz stehenbleiben. Ava ist sehr geduldig und nachsichtig. Als wir schließlich den Gipfel des Schlehdorfer Kreuzes erreichen, bin ich erleichtert, als ob ich nach einwöchigem Sturm endlich aus der Eiger Nordwand aussteige. Die verbleibenden Höhenmeter zum Herzogstand bereiten mir Sorgen, aber der flache Teil des Grats erlaubt genug Regeneration, dass ich auch das noch schaffe. Den Gipfel erreiche ich mindestens genauso verschwitzt und erschöpft wie die vielen Urlauber, die sich von der Bergbahn hochgekämpft haben.

Während des gesamten Aufstiegs bis zum Schlehdorfer Kreuz sind wir, außer an der Jagdhütte der Rauteckalm, niemandem begegnet. Umso mehr Verkehr herrscht natürlich am Grat und erst recht am Gipfel. Wir bleiben über eine Stunde und verzehren im Pavillon unsere reichlichen Vorräte. Ava kraxelt an den kleinen Gipfelfelsen auf und ab.

Dann steigen wir kurz ab zum Herzogstandhaus, wo ich noch nie zuvor eingekehrt bin. In ungemütlicher Corona-Atmosphäre setzen wir unser Mittagessen unnötigerweise mit grausligem Junkfood fort. Dabei wird Ava von einer Wespe in den Zeigefinger gestochen. Zuerst weint sie sehr und verlangt nach der Mama. Da mache ich mir angesichts der Länge des Rückwegs ein paar Sorgen. Doch sie erweist sich als sehr tapfer. Nach etwas kaltem Wasser und einem halben Trost-Knoppers geht es wieder einigermaßen. Vielleicht war der Stich kein Volltreffer, was Ava allerdings nicht gelten lässt (»Die hat mich voll erwischt!«). Mit dem Anreiz der unterhalb der Hütte direkt an der Forststraße lagernden Kühe machen wir uns wieder auf den Weg.

Bis zur Abzweigung des Pionierwegs zieht es sich ziemlich, danach geht es jedoch erfreulicherweise leichter und schneller als befürchtet. Der untere Forststraßenhatscher ist eine Geduldsprobe, die wir auch noch bestehen.

Am Heimweg machen wir Halt am Gmoala Badestrand am Kochelsee. Dass ich diese wohltuende Erfrischung vielleicht etwas übertrieben genieße, merke ich einige Tage später, als Ava spielt, dass ihr Plüschaffe baden geht. Dabei seufzt und grunzt er vor Wonne wie ein verschwitzter Papa. Eine Weile beobachten wir noch einen Hund, der schwimmend die dicksten Knüppel aus dem See holt, dann machen wir uns an die Heimfahrt. Wie schon die Hinfahrt verläuft sie sehr problemlos.

Parkplatz in Raut - 625 m - 09:55 Uhr
Unterauer Alm - 1165 m - 11:21 Uhr
Rauteckalm - 1250 m - 11:35 Uhr
Schlehdorfer Kreuz - 1666 m - 12:34 Uhr
Herzogstand - 1731 m - 12:57 Uhr
Abmarsch - 14:09 Uhr
Abmarsch Herzogstandhaus - 15:08 Uhr
Parkplatz in Raut - 625 m - 16:57 Uhr

Etwa 1250 Höhenmeter.