Kalorienvergiftung
In diesem Coronawinter sind die Skigebiete geschlossen, ebenso die Grenze nach Österreich. Die Betreiber in Garmisch und am Brauneck beschneien ihre Pisten trotzdem, in der letztlich vergeblichen Hoffnung auf ein baldiges Ende des Lockdowns. Im freien Gelände liegt noch kein nennenswerter Schnee. So stapfen nun täglich abertausende Tourengeher zum Kreuzeck hinauf. Dort würden sie das den ungeliebten Münchnern am liebsten verbieten, entdecken schließlich aber die noch tollere Möglichkeit, die Einnahmeausfälle durch grotesk erhöhte Parkgebühren auszugleichen. Ich habe bisher noch keine Lust, mich in diese Schlangen einzureihen. Stattdessen will ich das schöne Wetter nutzen, um bei einem Berglauf am Herzogstand ein paar überflüssige Weihnachtskalorien zu verbrennen.
Bei der Anfahrt zeigt sich aber, dass am Herzogstand eine dicke Wolke hängt. Alternative fällt mir keine ein. Ich überlege schon, wieder heimzufahren, überzeuge mich dann aber doch, den Plan weiterzuverfolgen. Der Start ist grausam. Ich habe seit Monaten keinen Berglauf gemacht. Ich vereinbare mit mir, wenigstens 300 Höhenmeter zu laufen. Es wird ein bisschen besser und ich laufe weiter. Die Wolken lichten sich ebenfalls. Oben erlaube ich es mir dann allerdings, statt dem Herzogstand den etwas näheren Martinskopf anzusteuern. Zur Strafe reißt der Himmel während meines Gipfelaufenthalts just so auf, dass der Herzogstand von der Sonne beschienen wird, meine Position dagegen nicht.