Wassersymphonie

Klettertour
Berchtesgadener Alpen
1000 Hm
Alpawand
1671 m

Ein ausgefüllter Tag mit Leo.

Schon vor drei Wochen sind Leo und ich trotz mediokrer Wetterprognose voller Optimismus zur Alpawand gefahren. Am Parkplatz angekommen, war die Wand von dichten Wolken eingehüllt und nicht zu sehen. »Sie könnte trocken sein«, stellten wir fest und machten uns an den Zustieg. Im zuerst erreichten linken Wandteil lief Wasser herunter. »Vielleicht ist es rechts besser«, behielten wir unseren Optimismus bei. Die glitschige Querung am Wandfuß war mit Turnschuhen unangenehm und stellenweise gefährlich. Am Einstieg der geplanten Tour troff Wasser aus jeder Pore des Felsens. Unsere Überzeugung »oben sieht es sicher anders aus«, falsifizierten wir nicht mehr. Stattdessen stiegen wir ab und fuhren zum Klettergarten in Weißbach, wo wir mit Halbseilen einige leichte Routen an flachen Platten begingen.

Heute beurteilen wir die vorhergesagten Bedingungen als ideal, auch wenn für den Nachmittag Gewitter angekündigt sind. Wir wollen da nicht zu kleinlich sein. Also treffen wir uns wieder um halb sieben und erreichen gegen halb zehn den Einstieg. Wir haben eigentlich die »Best of Genuss« im Sinn, doch dort ist bereits eine Seilschaft am hantieren und bombadiert uns mit Steinen und unfreundlichem Gebrüll. Also entscheiden wir uns für die benachbarte »Wassersymphonie«.

Während Leo noch am Wandfuß wartet, dass ich die erste Seillänge hinter mich bringe, trifft eine weitere Partie ein und will ebenfalls die »Wassersymphonie« begehen. Leo ist natürlich nicht so garstig wie die Nachbarn und verjagt sie nicht. Sie danken es uns, indem sie uns in den folgenden Seillängen fortwährend auf die Hacken treten und uns nerven. Wir sind tatsächlich ziemlich langsam, haben aber auch keine Eile. Schließlich lassen wir sie vorbeiziehen, was ebenfalls viel Zeit in Anspruch nimmt.

Im letzten Drittel der Tour machen die nach und nach entstandenen Quellungen allmählich ernst. Es blitzt und donnert, dass uns recht unwohl wird. Glücklicherweise beginnt der Regen erst in Seillänge 13 und hält nur etwa zehn Minuten an. Danach ist die Wand zwar nass, aber wir sind dank Regenjacken relativ trocken geblieben. Auch die Temperatur bleibt angenehm. Die Plattenabschnitte der letzten schweren Seillänge schaffe ich in nassem Zustand zwar nicht mehr frei, aber wir sind froh, ohne größere Probleme oben aussteigen zu können. Insgesamt haben wir etwa 08:45 Stunden gebraucht, was sicher kein Geschwindigkeitsrekord ist. Hätten wir die Kollegen nicht überholen lassen, wäre unsere die erste Begehung 2018 gewesen. Insgesamt war es der ungefähr 450. Durchstieg.

Am Ausstieg lassen wir die Rucksäcke zurück und versuchen, uns durch das Latschendickicht zum Gipfel durchzuschlagen. Als jedoch absehbar wird, dass es gar keinen richtigen Gipfel gibt, geben wir auf. Auf dem Rückweg verlaufen wir uns und finden erst nach zwanzigminütigem Latschenkampf zu den Rucksäcken zurück. Der eigentliche Abstieg verläuft, bis auf einen weiteren kurzen Verhauer, problemlos. Um etwa halb zehn erreichen wir im letzten Licht das Auto.

Die folgenden Schwierigkeitsangaben entstammen dem Originaltopo von Brüderl und Amann. Die zahlreichen weiteren im Internet zu findenden Topos geben teilweise abweichende Bewertungen an. Mir gelingen alle Längen onsight, außer der siebten und der nassen vorletzten Seillänge.

1. SL, 40 m, 7+, Daniel: Kaltstart mit 7+. In der Kletterhalle würde ich das nicht machen. Durch vorsichtiges Klettern gelingt die Länge trotzdem ohne nachhaltigen Kaltpump.

2. SL, 35 m, 5-, Leo: Entspannungsgelände.

3. SL, 40 m, 6-, Daniel: Schöne Kletterei. Vom Stand könnte man auch in der Best of Genuss weiterklettern.

4. SL, 25 m, 4, Leo: Noch ein paar fehlende Meter bis zum Grasabsatz.

5. SL, 25 m, 7, Daniel: Der Rissüberhang ist einer nasser und schleimiger Schlund. Mit einigen weiten Zügen gelingt es aber, nur trockene Stellen zu greifen.

6. SL, 25 m, 6-, Leo: Schöne rauhe Platte.

7. SL, 30 m, 8-, Daniel: Von unten glaube ich zunächst nicht, dass man hier wirklich piazen kann, aber es stimmt. Leider habe ich mir die schweren Meter auch sonst kaum angesehen und erkenne erst im Seil sitzend, dass der Piaz dort, wo es wirklich schwer wird, nach links zu guten Griffen verlassen werden muss. So klettere ich die Stelle zwar frei, aber mit zwei Pausen. Schade. Am folgenden Stand lassen wir die nachkommende Seilschaft passieren.

8. SL, 40 m, 7-, Daniel: Zwischen zweitem und drittem Haken muss unangenehm ein nasser Streifen überquert werden. Dann folgen noch etliche anhaltende Meter geiler Wandkletterei.

9. SL, 40 m, 7-, Daniel: Weiter Wandkletterei, nun wieder etwas leichter.

10. SL, 30 m, 5-, Leo: Etwas flachere Seillänge.

11. SL, 35 m, 7-, Daniel: Erst schöne Wandkletterei, dann lehnt es sich wieder zurück. Der Stand ist links im Graben.

12. SL, 40 m, 6-, Leo: Weite Querung, bei der die Best of Genuss gequert wird, was bestens ausgeschildert ist.

13. SL, 40 m, 6, Daniel: Schöne Wand, nun leider im Regen.

14. SL, 30 m, 7, Daniel: Der kleine Überhang ist trocken geblieben und geht daher noch frei. Über dem Wulst sind die kleinen Griffleisten aber alle nass und glitschig. Ich sehe keine Chance und mache einen Zug A1.

15. SL, 25 m, 4, Leo: Leo macht es noch einmal spannend, indem er den ersten Haken übersieht und sich nach etlichen Metern Querung noch ohne Zwischensicherung in den nassen Kamin begibt. Als er geklippt hat und ich ihn fotografieren möchte, lasse ich mein Handy die Wand hinunterfallen.

Die Fotos stammen aus diesem Grund allesamt von Leo.

Etwa 1100 Höhenmeter.