Plan B
Für heute habe ich mir eine schon länger angedachte Tour vorgenommen. Nachdem ich einige Tage voller Vorfreude war, sind mir am Vorabend allerdings erste Zweifel gekommen, ob der Entschluss gut zu meiner neuerdings veränderten Lebenssituation passt. Ich bin zwar sicher, dass diese Bedenken unnötig sind, ganz werde ich sie allerdings nicht los. Während der Anfahrt beschließe ich, erst am eigentlichen Einstieg spontan zu entscheiden.
Während des Aufstiegs von Going fühle ich mich platt und schwach. An der Ackerlhütte angekommen, beäuge ich das angedachte Ziel skeptisch. Ich hoffe, dass meine Unsicherheit sich mit der Kraxelei verflüchtigen wird. Während des weiteren Zustiegs entwickelt sich meine Stimmung allerdings in die umgekehrte Richtung. Das schrofige Gelände wirkt ungewohnt heikel, meine Gehweise erscheint mir stolprig und unsicher. Als mir dann auch der weitere Wegverlauf an einer Stelle nicht unmittelbar klar ist, habe ich genug. Noch vor dem eigentlichen Einstieg gebe ich das Vorhaben auf.
Ich kehre zum markierten Wanderweg zurück und halte erst einmal Brotzeit. Was nun mit diesem angebrochenen Tag anfangen? Heimlich hat mein den Ursprungsplan nicht unterstützender Hinterkopf schon ein Alternativprogramm vorbereitet. Die schon einmal begangene Runde über Ackerl- und Maukspitze soll es sein. Als Trostpreis darf ich dabei auf die Benutzung der metallenen Steighilfen verzichten.
Am Niedersessel nimmt das Schicksal beinahe eine fast schon klischeehafte Wendung. Als ich unmittelbar nach dem Abzweig zur Maukrampe an der Wand entlang in Richtung des Schneefelds gehe, höre ich plötzlich ein Pfeifen. Ein kurzer Augenblick der Verwirrung, ein Blick nach oben und als ich das Geräusch erkenne, schlägt wenige Schritte neben mir bereits der erste Stein ein. Im Laufschritt mache ich einige Sätze zurück, um auch dem weiteren Hagel zu entgehen. Offenbar haben Gämsen weiter oben den Steinschlag ausgelöst. Ich setze meinen Helm auf.
In der Randkluft neben dem Firnfeld gelange ich ohne Schwierigkeiten zum Beginn der kurzen Wand. Die Kletterei ist ohne Metallbenutzung nicht wesentlich schwerer als mit. Etwas schwieriger finde ich nur einen kurzen Block in der sich anschließenden Rinne, wo der einzige vernünftige Tritt durch einen Metallstift belegt ist.
Der weitere Aufstieg zieht sich stärker, als ich es in Erinnerung habe, doch irgendwann erreiche ich den Gipfel.
Der Weiterweg über die Maukspitze und der Abstieg über Rampe, Niedersessel und Ackerlhütte ist nur noch zunehmend lästige Pflicht. Da ich Nina später noch vom Flughafen abholen muss, drängt auch die Zeit und so bringe ich die abschließende Forststraße im Laufschritt hinter mich. Die so gewonnene Zeit geht dann allerdings damit verloren, dass ich vier verirrte Damen von meinem Parkplatz zu dem über Prama kutschiere, wo ihr Auto steht. Dank Gasfuß stehe ich etwas später trotzdem noch pünktlich am Ankunftsgate.
Parkplatz Hüttling – 830 m – 09:48 Uhr
Ackerlspitze - 2329 m - 14:11 Uhr
Maukspitze - 2231 m - 15:25 Uhr
Parkplatz Hüttling - 830 m - 17:17 Uhr
Insgesamt etwa 1800 Höhenmeter.