Mein Alaska

Bergtour
Karwendel
1630 Hm
Moserkarspitze
2533 m

Erster Tag eines sehr erholsamen Kurzurlaubs im Karwendel während einer zweitägigen Unterbrechung des diesjährigen Frühherbstes.

Ich stehe um 05:30 Uhr auf, trödele aber und komme erst um kurz nach sieben weg. Die Garmischer Autobahn ist auf Höhe des Starnberger Sees gesperrt, das Navi weiß jedoch nur halb Bescheid und ich weiß es natürlich auch nochmal besser, und so fahre ich längliche Umwege. Immerhin ist die Gegend sehr reizvoll und am Horizont lockt das Wettersteingebirge in voller Pracht. In Oberau muss ich noch ein paar Liter tanken, damit es bis Scharnitz reicht. In Scharnitz fahre ich zuerst zum Wiesenhof, aber da ist kein Parkplatz mehr frei. Es zieht sich also alles etwas.

Der Rucksack ist schwer und ich bin froh, dass der Weg bis zum Beginn des Moserkars so flach ist. Ich nutze jede Gelegenheit, kurz anzuhalten, um einzelne Berge und Anstiege zu studieren. Am Biwakplatz stehen zu meiner Überraschung schon zwei Räder. Ich deponiere meinen ganzen Hausrat in einem Müllsack im Gebüsch und mache mich deutlich erleichtert auf den schon bekannten Weg ins obere Moserkar. Dort sitzen zwei Männer, vermutlich die Radlbesitzer.

Laut AV-Führer kann man »noch ziemlich tief unter der Östlichen Moserkarscharte« über die Schrofen unschwierig zum Südgrat ansteigen und über diesen zum Gipfel (Nr. 1442). Ich vermute diesen Einstieg weit unten. Der noch grasbewachsene südliche Ausläufer wäre wohl leicht zu gewinnen, allerdings scheint der Südgrat von hier bis zum Gipfel mehrere größere Scharten aufzuweisen.

Ich steige daher im Moserkar bis zur Östlichen Moserkarscharte und von dort über die Westflanke unangenehm zum Gipfel (Nr. 1441). Es gibt kein Kreuz, nur einen Steinhaufen. Gipfelbuch kann ich keines finden, obwohl es laut Hikr wohl mal eines gab.

Mein Plan ist, ins Kleine Kühkar abzusteigen und die Kühkarspitze noch mitzunehmen. Im AV-Führer ist der Weg in umgekehrter Richtung erwähnt (Nr. 1455). Ich folge vermeintlichen Wegspuren in die geröllige Südostflanke. Es ist allerdings nicht erkennbar, wo man ins Kühkar gelangen kann. Stattdessen sind von oben einige Abbrüche zu erahnen. So beschließe ich bei passender und letzter Gelegenheit, doch zum Südgrat zurückzuqueren und über diesen wieder ins Moserkar abzusteigen. Später sehe ich ein Foto der Südostflanke und entnehme einer genaueren Beschreibung des umgekehrten Wegs, dass man sich unmittelbar an der nördlichen Kante der Moserkarspitze halten muss. Die restliche Flanke bricht nach unten tatsächlich steil ab.

Ich erreiche den Südgrat auf Höhe eines zum Moserkar abfallenden Grabens, der mir schon beim Aufstieg als potentiell gangbar aufgefallen ist, den ich aber nicht mit der AV-Beschreibung in Deckung bringen konnte. Auch jetzt notiere ich den Graben im Hinterkopf als denkbare und schnelle Abstiegsmöglichkeit.

Der Südgrat sieht aber recht einladend aus und so folge ich ihm. Nach und nach häufen sich allerdings schmalere und ausgesetztere Abschnitte bei gleichzeitig nachlassender Felsqualität. Schließlich stehe ich vor einer tiefen und furchtbar brüchigen Scharte. Es ist klar, dass der Führer das mit der angegebenen I nicht meint.

Also wieder zurück zum Graben. Durch diesen geht es tatsächlich schnell und problemlos runter auf das Geröllfeld. Der weitere Abstieg verläuft ohne Besonderheiten.

Am traumhaften Biwakplatz baue ich mein Zelt auf und verbringe dort die Nacht. Ich stelle mir vor, ich wäre in Alaska.

Parkplatz Scharnitz - 964 m - 09:15 Uhr
Fahrraddepot - 1280 m - 10:24 Uhr
Abmarsch am Biwakplatz - 1280 m - 10:43 Uhr
Abzweigung des Kühkar - 1600 m - 11:10 Uhr
Moserkarspitze - 2533 m - 13:55 Uhr
Abmarsch - 14:13 Uhr
Richtiger Abstieg - 14:57 Uhr
Biwakplatz - 1280 m - ca. 16:30 Uhr

Etwa 330 Höhenmeter mit dem Rad und 1300 Höhenmeter zu Fuß. Insgesamt also etwa 1630 Höhenmeter.